FAKT und FAKE 1,5 kb

Ein Poet und Seemann

Bernhard Moitessier
ein Leben für die See

Seit über 35 Jahren gilt mein Hauptinteresse der Seefahrt mit kleinen Schiffen. So war es ganz konsequent, dass ich ein Leser der Bücher von Bernhard Moitessier, diesem Ausnahmeseemann und Segelpoeten wurde.

Insgesamt vier Bücher von Bernhard Moitessier sind in Deutschland erschienen. Bis auf die letzte Veröffentlichung sind alle Bände vergriffen. Das letzte zu Lebzeiten Moitessiers in Frankreich verlegte Buch Tamata et l'Alliance fand keinen deutschen Herausgeber.

Bei einem über diese Serie hinausgehendem Interesse der Leser werden sie die vergriffenen Bände in einer gut sortierten öffentlichen Bibliothek finden. Einen schönen Überblick über das Leben, die Ideen und die Philosophie Moitessiers bietet das nach seinem Tode herausgegebene aus Aufzeichnungen und Teilen früherer Werke zusammengestellte Buch Weite Meere, Inseln und Lagunen .

Bernhard Moitessier unterscheidet sich in wesentlichen Aussagen und seinem Lebensweg von den meisten eher im Reiseschriftstellerfach angesiedelten Autoren von Bootstörnberichten. Selbst an der Seefahrt nicht so stark interessierte Leser verfallen dem Zauber der Schilderungen des abenteuerlichen Lebens dieses aussergewöhnlichen Menschen.



Bild Bernhard Moitessier

Bernhard Moitessier



1925 in Hanoi geboren, verlebt er Kindheit und Jugend in Saigon. Er hat vier jüngere Geschwister, der Vater betreibt einen florienden Handel.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kämpft er in seiner südostasiatischen Heimat als Mitglied der französichen Marine gegen die kommunistische Guerilla, der nicht nur die Franzosen im Indochina-Krieg unterliegen, sondern später auch die Amerikaner im Vietnam-Krieg am selben Schauplatz.

Im Jahre 1951 erwirbt er zusammen mit deinem Freund Deshumeurs eine alte zwölf Meter lange hölzerne Ketsch, die "Snark". Ein halbes Jahr lang betreiben die beiden einen Handel im Golf von Siam und Saigon. 1952 trennen sich die Wege der Freunde und Moitessier erwirbt die "Marie-Thérèse" eine zwar alte, aber doch noch sehr seetüchtige Dschunke. Ende Mai verlässt er Singapur und geht auf seine erste lange Alleinfahrt. Nach 85 Tagen erleidet er auf dem Chagosatoll im Indischen Ozean Schiffbruch. Er verliert sein Boot und fast seine gesamte Habe.



Ein junger Bernhard Moitessier

Bernhard Moitessier als junger Mann



Die nächsten drei Jahre verbringt Bernhard auf der Insel Mauritius und baut mit einfachsten Mitteln und weitgehend alleine sein neues Holzschiff die "Marie-Thérèse 2" mit der am 2. November 1955 seine Reise fortsetzt. Über drei Jahre ist er unterwegs und erleidet am Ende dieser Zeit erneut Schiffbruch, diesmal in der Karibik. Diesen Lebensabschnitt beschreibt Moitessier in seinem Buch Vagabund der Meere.

Nach Frankreich zurück gekehrt, lässt er von dem bekannten französichen Yachtkonstrukteur, Jean Knocker, die "Joshua" entwerfen, ein starkes zweimastiges Stahlschiff von 12 Metern Länge, das auf einer französischen Werft gebaut wird.

1963 bricht er zu einer neuen grossen Reise auf . Über den Atlantik durch den PanamaKanal, über den Pazifik und weiter nach Tahiti führt ihn der erste Teil des Törns. Erst die abenteuerliche Rückreise inspiriert ihn zu dem Titel seines zweiten Buches Kap Horn der logische Weg. In 126 Tagen segelt er ohne Halt alleine von Tahiti nach Alicante in Spanien eine Strecke von 14.126 Seemeilen. Er rundet dabei das berüchtigte Kap Horn und ist stets voll des Lobes für sein starkes und verlässliches Schiff. Selbst das erste Stückchen Europa -Gibraltar- lässt er an backbord also links liegen. Der Wind ist günstig und er will die Gelegenheit im launischen Mittelmeer voranzukommen nicht verschenken --einen Motor hat er zwar an Bord, jedoch vor der Abreise den Propeller demontiert, da dieser beim Segeln nur bremsende Wirkung hat. Drei Jahre war die Gesamtdauer der Reise, er hatte zuvor seine Frau Francoise kennengelernt und geheiratet, man sollte meinen ein ruhiger Lebensabschnit könne beginnen.

Aber weit gefehlt, die nächste Reise wird das größte Abenteuer in diesem erfüllten Seemannsleben. Am 22. August 1968 startet in Plymouth/England die erste Einhand NonstopRegatta um die Welt, bei der die grossen Kaps zu runden sind. Ein Großteil des Kurses führt die Segler durch die brüllenden Vierziger und darüber hinaus bis in den hohen Süden unserer Erdkugel. Die Regatta anführend und den sicheren Sieg in der Tasche entschliesst sich Moitessier, nachdem er die Welt umrundet hat und sich im Südatlantik in der Höhe von Tristan da Cunha befindet, nicht zum Ziel nach Plymouth zurück zu kehren, sondern nonstop weiter nach Tahiti zu segeln. So hat er, als er nach einer 10monatigen Reise in Tahiti eintrifft, zwar nicht die Regatta aber seinen Seelenfrieden gewonnen. In dem 1973 in Deutschland erschienenen Buch Der verschenkte Sieg schildert Bernhard Moitessier eindringlich seine einmalige Reise, die Gedanken und Sorgen die ihn begleiten und das Gefühl der Befreiung beim Ausstieg aus der Regatta, das seinen Entschluss verständlich macht.

Es folgen weitere Reisen mit der Joshua, die ihn und seine Familie immer wieder in die Südsee führen. So scheint es nur logisch, dass sich Moitessier von 1975 bis 1978 auf dem zu der Inselgruppe Tuamotus gehörenden SüdseeAtoll Ahe niederlässt und dort unter einfachsten Bedingungen lebt.

Auf einer Reise von San Franscico nach Costa Rica erleidet Moitessier 1982 erneut Schiffbruch. Ein plötzlich auftretender Zyklon überrascht ihn und 30 andere Yachten, die an der Ostküste Mexikos auf der Höhe des Kaps San Lucas ankern. Bei einem Grossteil der Schiffe, so auch bei der Joshua, halten die Anker nicht und die Schiffe werden auf den Strand getrieben. Zwar ist Moitessiers Schiff nicht vollkommen zerstört, wie die meist aus Polyester gebauten anderen Boote, jedoch gestaltet sich die Bergung sehr schwierig. Zwei junge Männer helfen Moitessier seine geliebte Joshua wieder zu Wasser zu bringen, er schenkt ihnen daraufhin das Schiff. Mit an Bord war zum Zeitpunkt des Strandens der bekannte deutsche Schauspieler Klaus Kinski. Obwohl kaum Berichte über diesen Schiffbruch vorliegen, stelle ich mir die Szenerie ähnlich einem Werner Herzog Film vor.

Sein nächstes Schiff die Tamata ist wieder ein wenig kleiner. 1983 wird das einmastige Stahlschiff fertiggestellt und Moitessier bricht zu einer neuen Reise nach Tahiti auf. Von 1985 bis zum Jahre 1993 lebt und schreibt er in Paris und macht nur noch gelegentliche Reisen mit der Tamata in der Südsee.

Am 16 Juli 1994 stirbt Moitessier in Paris an einem KrebsLeiden.

Als Abschluss dieses kleinen Artikels, der einen ersten Eindruck von Bernhard Moitessier vermittelt, ein Zitat aus dem letzten veröffentlichten Buch:

Ich bin Bürger des schönsten Landes dieser Erde. Es ist ein Land mit harten, aber klaren Gesetzen, riesig und ohne Grenzen. Niemals wird dort etwas versprochen, was nicht gehalten werden kann, und immer lebt man in der Gegenwart. In diesem Reich ohne Grenzen, in diesem Reich des Windes, des Lichts und des Friedens hat nur einer das Sagen - das Meer.

kh-07-02-2001


Fussnoten


Vagabund der Meere "Vagabond des mers du sud" ISBN 3-7688-02199-1 erschienen 1976 bei Delius, Klasing & Co, leider vergriffen Thema der Folge 2.....zurück zum Artikel


Kap Horn der logische Weg "Cap Horn a la voile" ISBN 3-7688-0069-5 erschienen 1976 bei Delius Klasing & Co, leider vergriffen Thema der Folge 3.....zurück zum Artikel


Der verschenkte Sieg "La longue route" ISBN 3-7688-0157-8 erschienen 1974 bei Delius Klasing & Co, leider vergriffen Thema der Folge 4.......zurück zum Artikel


Tamata et l'Alliance .erschien 1993 bei dem französichen Verlag Arthaud....zurück zum Artikel


Weite Meere, Inseln und Lagunen ."voile,mers lointaines, iles et lagons" ISBN 3-7688-1075-5 erschienen 1975 bei Delius-Klasing & Co....zurück zum Artikel


Literaturhinweis

Die obigen Bücher sind Quellen für diesen Artikel zum Thema Bernhard Moitessier



Allgemeines Wissen

Eine Seemeile entspricht 1.864 Metern, somit legte Moitessier auf dieser ersten langen Einhandtour 26.330 Kilometer zurück, alles nur mit Hilfe der Windkraft......zurück zum Artikel


Einhand Segeln bedeutet nicht etwa dass der Segler nur eine Hand besitzt, sondern schildert in einem kurzen Ausdruck die Grundregel des Seemanns: " Eine Hand für das Schiff und die andere für den Mann", somit hat der Alleinsegler stets nur eine Hand für das Schiff und dessen Bedürfnisse zur Verfügung .....zurück zum Artikel


Die grossen Kaps Dies sind das "Kap der Guten Hoffnung" im südlichsten Teil von Afrika, Kap Leeuwin an der Südspitze Neuseelands, und das vielen vom Namen her bekannteste "Kap Hoorn" der südlichste Zipfel des amerikanischen Kontinents.......zurück zum Artikel


Die Brüllenden Vierziger ist die Bezeichnung für den vierzigsten Breitengrad Süd. Die weiten offenen Seestrecken, nur durch wenige Landmassen unterbrochen, geben Wind und Wellen eine Kraft, die eine brüllende Geräuschkulisse schaffen...... zurück zum Artikel


nach oben


FAKT und FAKE 1,5 kb